Versteckte und vergessene Objekte
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Beitrag aus "URANIA" 11/87 ----------------------------------------------------- Aluminium
aus Ton Dank
einer Reihe bemerkenswerter Eigenschaften wie: geringe spezifische Masse bei
verhältnismäßig hoher Festigkeit, hohe elektrische Leitfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit,
für viele Anwendungsfälle ausreichende Korrosionsbeständigkeit, leichte Be-
und Verarbeitbarkeit u. a. zählt Aluminium seit einigen Jahrzehnten zu den
bevorzugt verwendeten Werkstoffen. Nach Stahl ist es das meisteingesetzte
Metall; sein Gesamtverbrauch (Primär- plus Sekundärmetall)
betrug 1985 in der Welt mehr als 21,6 Mill.t. Aluminium
gilt als „Wachstumsprodukt". Seine jährlichen Verbrauchssteigerungen
lagen in den vergangenen 20 bis 30 Jahren in den entwickelten Industrieländern
meist oberhalb der Zuwachsraten des Nationaleinkommens. Aluminium ist mit einem
Anteil um 8 % nach Versorgungsprobleme
für den traditionellen Rohstoff Aus
verschiedenen Gründen finden seit längerer Zeit außer Bauxit auch andere
aluminiumhaltige Gesteine Interesse zur Nutzung als Tonerderohstoffe. Hierzu zählen
vor allem silikatische Mineralien. Sie werden meist unter dem Begriff „nichtbauxitische
Rohstoffe" zusammengefasst, wenngleich es sich um verschiedene Mineralien
mit z. T. sehr voneinander abweichenden Eigenschaften handelt, von denen jeder für
sich als Alternative zum Bauxit angesehen werden kann. Die Notwendigkeit, sich
mit solchen Rohstoffen zu befassen, ergibt sich zunächst nicht aus der Gefahr
einer drohenden absoluten Erschöpfung der Weltbauxitvorräte. Die insgesamt
erkundeten bzw. vermuteten Mengen lassen rein rechnerisch eine weltweite
Versorgungssicherheit über längere Zeit erwarten. Andererseits befinden sich
die großen Bauxitvorkommen mit günstiger Qualität vorwiegend in den
tropischen Gebieten Mittel- und Südamerikas, Afrikas und in Australien;
hinzugekommen sind Funde in Südostasien. Der Verteilung der Rohstoffvorkommen
steht aber die Tatsache gegenüber, dass die Hüttenkapazitäten für die
Metallerzeugung als Folge der bisherigen Bedarfsentwicklung für Aluminium im
wesentlichen in den hochindustrialisierten Ländern konzentriert sind. Diese
Versorgungs- bzw. Bedarfssituation führte vor allem aus wirtschaftspolitischen
Erwägungen schon seit geraumer Zeit zu Technologieentwicklungen für die
Nutzung von Alternativrohstoffen, wie sie in fast allen Ländern vorhanden sind.
Vorarbeiten wurden bereits zwischen den beiden Weltkriegen in Deutschland und
den USA geleistet, nach 1945 führten Entwicklungen in der UdSSR erstmals zu großtechnischen
Anwendungen. Alternative
Aluminiumerze Aluminium
ist in zahlreichen der am Aufbau der Erdrinde hauptsächlich beteiligten
Eruptivgesteine und Sedimente sowie metamorphen Gesteine enthalten. Häufig sind
jedoch die Konzentrationen für seine ökonomische Gewinnbarkeit zu gering
(gerechnet als AI2O3 z. B. in Gabbro ca. 18 %, Granit ca.
14 %, Trachyt ca. 18 %, Basalt ca. 16 %), sind die physikalische Beschaffenheit
(Härte) sowie chemische Zusammensetzung (Begleitelemente) für eine
Verarbeitung wenig geeignet. Experimentell überprüft wurde bisher die
Tonerdegewinnung aus: •
Nephelin: Na[AISiO„]
mit 25-29 % AI2O3 •
Leucit: K[AISi2O6]
> 20 % AI2O3 •
Anorthosit: Ca[AI2Si20B]
22-26
% AI2O3 (Labradorit) + Na[AISi3O„] •
Andalusit: AI2[O/SiO4]
50-53
% AI2O3 •
Ton: AI4[SUO10/(OH)8]+
25-35
% AI2O3 (Kaolin) KAI2[(Si,AI)4O,0][OH]2 •
Alunit: K[AI3(OH)6(SO4)2]
25-27
% AI2O3 sowie
aus Sekundärprodukten vorangegangener Prozesse wie: •
Aschen aus der Kohleverbrennung (Mineralbestand: Al-Si-Spinelle, Mullit) mit
25->30 % AI2O3 •
Waschberge aus der Kohleaufbereitung (Mineralbestand: Ton, Tonschiefer) >25 %
AI2O3 Außer
Andalusit, der nur an wenigen Stellen der Erde in nennenswerten Mengen vorkommt,
sind es im Vergleich zum Bauxit an Aluminium ärmere Rohstoffe, derer!
Verarbeitung zwangsläufig mit höheren Aufwendungen verbunden ist. Entsprechend
der Unterschiedlichkeit im Mineralbestand und in der chemischen Zusammensetzung
besteht kein einheitliches Alternativverfahren zu dem für Bauxit erfolgreich
angewendeten Bayer-Prozess. Entwickelt und in verschiedenen Maßstäben
erprobt wurden sowohl pyrometallurgisch als auch hydrometallurgisch geführte
Technologien; neben alkalischen Aufschlussmitteln
(Kalkstein, Natronlauge
u. a.) werden in vielfältigen Varianten Mineralsäuren (Schwefel-, Salz-,
Salpeter-, Schwefligsäure) vorgeschlagen. Industriell genutzt werden bisher
ausschließlich in der UdSSR Nephelin (4 Tonerdefabriken) sowie Alunit (3
Tonerdefabriken) hauptsächlich unter Anwendung kombinierter thermischer und
hydrothermaler Prozesse in alkalischem Milieu. Nutzung
einheimischer nichtbauxitischer Rohstoffe in der DDR In
der DDR wird bis heute der Gesamtverbrauch an Aluminium durch Import an
Primärmetall
(UdSSR, SFR Jugoslawien), Eigenerzeugung von Hüttenaluminium sowie aus sekundären
Rohstoffen gedeckt. Das für die eigene Metallerzeugung erforderliche Vorprodukt
Tonerde muß großenteils importiert werden (BRD, Ungarische VR), die restliche
Menge wird aus Importbauxiten (Ungarische VR, Guyana) im VEB Aluminiumwerk
„Albert Zimmermann", Lauta, hergestellt. Abgesehen vom eigenen
Schrottaufkommen erfolgt damit die Versorgung der Volkswirtschaft über
Einfuhren an Metall, Tonerde und Bauxit. Im Zuge von Überlegungen und Beschlüssen
zur verstärkten Nutzung einheimischer Rohstoffe wurden daher vor Jahren
Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Gewinnung von Tonerde aus alternativen
Aluminiumerzen aufgenommen. In Frage kommende Tonerdeträger in der DDR sind vor
allem geeignete Tone oder Kaoline; für ihre Verarbeitung sind unter den
Bedingungen in der DDR Verfahren im mineralsauren Milieu geeignet.
Untersuchungen zur Entwicklung entsprechender Technologien werden vor allem im
Forschungsinstitut für NE-Metalle (FNE) des VEB Mansfeld Kombinat „Wilhelm
Pieck" unter Einbeziehung von Kooperationspartnern durchgeführt. Seit 1982
steht zur Erprobung und Weiterentwicklung bis zur industriellen Reife nach
vorangehenden Untersuchungen im kleintechnischen Maßstab eine technische
Versuchsanlage auf dem Gelände des VEB Aluminiumwerk „Albert Zimmermann"
in Lauta/Niederlausitz zur Verfügung. Für den vorwiegend eingesetzten Rohstoff
Ton aus dem Lagerstättengebiet Guttau/Niederlausitz wurden durch geologische
Such- und Erkundungsarbeiten seitens des VEB Geologische Forschung und
Erkundung, Freiberg, langfristig ausreichende Mengen und qualitativ geeignete
Sorten nachgewiesen. Hauptsächliche Qualitätsmerkmale sind nachstehend genannt
(getrocknet, in Masseprozent): Chemische
Analyse:
27 -34 AI2O3
42 -48 SiO2
2,5- 4
Fe2O3 2,2- 2,7
TiO2
1,9- 2,3
Alkalien, Erdalkalien 12
-14 Glühverlust Mineralbestand:
60 -80
Kaolinit 10
-30 Illit, mixed
layer 5
-15 Quarz Das
von mehreren untersuchten Varianten am weitesten entwickelte und vorzugsweise in
Frage kommende Verfahren unter Verwendung von Salzsäure als Aufschlussmittel
verläuft in folgenden Prozessstufen: -
mechanisches Vorbehandeln des Rohtons (Zerkleinern, Homogenisieren, Formkörperherstellen), -
thermisches Behandeln
(Kalzinieren) des vorbereiteten
Gutes zum Entfernen anhaftender Feuchte sowie gebundenen
Kristallwassers, -
Laugen des Tonkalzinats mit etwa 20%iger Säure zum
Lösen der
Nutzkomponente (Schadstoffe werden z.T. mitgelöst) und Abtrennen
des Rückstandes von der Lösung, -
Reinigen der Aluminiumsalzlösung von mitgelösten
Verunreinigungen über
Flüssig-Flüssig-Extraktion, -
Gewinnen von festem
Aluminiumchlorid (AICI3 . 6 H2O) durch
Kristallisieren, -
thermisches Zersetzen des Chlorids und Kalzinieren des gewonnenen Oxids zu
metallurgischer Tonerde, -
Rückgewinnen von Aufschlusssäure aus den Spaltgasen des thermischen
Zersetzens. Unsere
Farbgrafik stellt den Verfahrensablauf schematisch in einem vereinfachten Fließbild
dar.
Durch
den mehr als vierjährigen Betrieb in der Versuchsanlage konnten die technische
Durchführbarkeit des Prozesses und die Eignung der teilweise neuentwickelten
Apparate nachgewiesen werden. Die erzeugte Tonerde wurde hinsichtlich ihrer
Eignung als Vorlaufstoff für die Metallgewinnung sowohl in einer speziell dafür
errichteten Versuchszelle (10 000 A Stromstärke) als auch in Betriebszellen des
Aluminiumswerkes Lauta (rd. 80 000 A Stromstärke) erprobt. Der Elektrolysebetrieb
verlief störungsfrei, das gewonnene Aluminium wies eine der TGL entsprechende
oder bessere Qualität auf. Außer der Herstellung qualitätsgerechter Tonerde für
die Metallgewinnung oder für andere Einsatzgebiete ist das Ziel der
Verfahrensentwicklung eine möglichst vollständige abproduktfreie Nutzung aller
Rohstoffbestandteile. In
der oben dargestellten Technologievariante fällt neben Eisenchlorid aus der Lösungsreinigung,
für das eine Aufarbeitung als hochwertiges Oxid oder der direkte Einsatz z. B.
in der Wasserreinigung bzw. für die Farbenerzeugung vorgesehen ist, als mengenmäßig
wesentlichstes Nebenprodukt der SiO2-reiche Laugungsrückstand an; er
enthält im trockenen Zustand 70-80 Masseprozent SiO2. Von
verschiedenen erfolgreich erprobten Einsatzmöglichkeiten sind zwei Anwendungsfälle
in der Baumaterialienindustrie besonders geeignet. Einerseits haben industriemäßige
Untersuchungen gezeigt, daß sich die Rückstände (5-10 mm Korngröße) sehr
gut als Leichtzuschlag, beispielsweise bei der Fertigung von Hohlblocksteinen,
verwenden lassen; sie können andere, teurere Produkte ersetzen und zudem in
feuchtem Zustand eingesetzt werden. Zum anderen haben Untersuchungen im
Zentralinstitut für Anorganische Chemie der Akademie der Wissenschaften der DDR
sowie Erprobungen in der Zementindustrie ergeben, daß die getrockneten
reaktiven Rückstände als Zementzumahlstoff eingesetzt werden können und
Qualitätsverbesserungen der Betone im Hinblick auf Alkalitreiben bewirken. Die
Arbeiten zur Weiterentwicklung und Optimierung des Verfahrens zur Gewinnung von
Tonerde aus einheimischen Rohstoffen und zu seiner Erprobung werden fortgesetzt;
im dargestellten Sinne wird Wert gelegt auf eine komplexe Rohstoffverwertung.
In Kooperation mit anderen Betrieben und Einrichtungen, insbesondere des
Apparate- und Anlagenbaus, werden die Voraussetzungen für eine Überleitung der
Ergebnisse in den industriemäßigen Betrieb geschaffen. Dr.-Ing.
Gerhard Haake Prof.
Dr. Siegfried Ziegenbalg |